Seniorengenossenschaften als Alternative?

Die Idee

Seniorengenossenschaften greifen eine Idee wieder auf, die fast schon vergessen zu sein schien: Die Idee, gemeinsam mit Gleichgesinnten ein Netz der gegenseitigen ehrenamtlichen Hilfe und Unterstützung aufzubauen. Nicht immer handelt es sich dabei um Genossenschaften im rechtlichen Sinne, aber die Zielsetzung ist vergleichbar.

Ehrenamtliches Engagement

Die Mitglieder bringen ihre persönlichen Kompetenzen und ihre Zeit ein, um anderen Mitgliedern zu helfen – zum Beispiel beim Einkaufen, beim Essen kochen oder bei kleineren Reparaturen. Im Gegenzug erhalten sie Unterstützung, wenn sie ihrerseits Hilfe brauchen. Dabei stehen Selbsthilfe und Solidarität im Vordergrund. Den Mitgliedern geht es primär nicht um die Erwirtschaftung eines Gewinnes (z.B. einer Bezahlung), sondern um die gegenseitige Unterstützung in Belangen des alltäglichen Lebens, den sozialen Austausch und ein gesellschaftliches Miteinander zum Wohle aller Mitglieder. Auf dieser Basis werden ehrenamtliches Engagement und die Erbringung von gewünschten Leistungen für die Mitglieder verbunden. Die Mitglieder sind hierbei sowohl Anbieter als auch Nutznießer der Hilfsangebote. Das heißt: die engagierten Mitglieder erbringen für andere Mitglieder, die einen Unterstützungsbedarf haben, eine Leistung. Dafür erhalten sie eine Aufwandsentschädigung oder eine Zeit-Gutschrift. Die angesammelten Zeitguthaben können diese aktiven Mitglieder später einsetzen, wenn sie selber Leistungen benötigen und Hilfe in Anspruch nehmen möchten. Angesparte Gelder oder Zeitguthaben verbleiben im Eigentum mit voller Verfügungsgewalt der Einzahlerin bzw. des Einzahlers.

Titel: Wenn zwei sich helfen © Florian Kiel

Titel: Wenn zwei sich helfen © Florian Kiel

Ziel einer Seniorengenossenschaft

Das Ziel von Seniorengenossenschaften ist es, die Lebensqualität älterer Menschen aufrecht zu erhalten bzw. zu steigern sowie den Verbleib im eigenen Wohnraum so lange wie möglich zu erreichen.

Die Zielgruppe von Seniorengenossenschaften sind in erster Linie ältere Menschen, wobei im Sinne eines generationenübergreifenden Projektes auch andere Altersgruppen sich beteiligen bzw. einbezogen werden können.

Kritik am Modell

Die Seniorengenossenschaft ist eine recht junge Idee, die vor allem aus Beraterkreisen der Bundesregierung vorangetrieben worden ist. In Deutschland hat sich diese Form der Nachbarschaftshilfe nicht durchgesetzt, zumindest ergab das unsere bundesweite Recherche. Wir haben weniger als zehn Seniorengenossenschaften gefunden, von lediglich drei in kleinem Umfang tatsächlich funktionierten.

Die Gründe hierfür sind aus unserer Sicht klar zu benennen:

  • die Seniorengenossenschaft beruht als Idee allein auf ehrenamtlichem Engagement. Das schließt viele Bevölkerungsgruppen von vornherein aus.

  • allein auf die ältere Generation zu setzen, wenn eine neue Institution geschaffen wird, ist gerade in der Sorge & Pflege fatal, weil sich innerhalb weniger Jahre ein Ungleichgewicht zwischen Bedürftigen und Helfenden entwickelt.

  • der Fokus auf Hauswirtschaft hat in mehreren Fällen dazu geführt, dass sich ein hierarchisches Dienstleistungsverhältnis entwickelte. Ehrenamtlich helfende Personen fühlten sich als billige Arbeitskräfte.

Quellen:

Seniorengenossenschaften gestalten Nachbarschaft - Hamburger Handbuch zur Gründung einer Seniorengenossenschaft, 2016

Warten auf Godot oder Sozialwende durch Bürgerengagement? Tagungsbericht Seniorengenossenschaften, Dezember 2013

Sorge und Mitverantwortung in der Kommune

Nachbarschaftshilfe Bremen